Freitag, 23. April 2010

Gedanken zu Frühlings Erwachen


Frank Wedekind hat ja mit seinem Stück Frühlings Erwachen einen richtigen Hit gelandet. Es ist heute eines der bekanntesten Stücke der Deutschen Literatur, gerade wenn man sich im Theater-Biz aufhält. Besonders beliebt ist es, wenn es darum geht aus einem Stück nur eine Szene zu präsentieren, wie es zum Beispiel bei Vorspielen oder Kollagen der Fall ist.
Allerdings ist Frühlings Erwachen ein ganz schöner Spätstarter! Die Menschen waren für das was Wedekind ihnen sagen wollte in 1891 noch nicht bereit, obwohl sie die Erkenntnisse die das Stück zu vermitteln ersucht damals um einiges mehr gebraucht hätten.
Es dreht sich alles um Aufklärung! Oder um genauer zu sein: Um Nicht-Aufklärung.
Melchior, Moritz und Wendla leben in einer Gesellschaft, die auch heute noch allzu viele Menschen nur zu gut kennen. Der Beischlaf gilt als schmutzig und niemand spricht gerne über ihn. Besonders nicht mit den Jugendlichen, ganz gleich ob sie in genau das Alter kommen in dem die Neugier zu keimen anfängt. Alles was sie wissen, ist dass es etwas t o t a l verbotenes und unanständiges ist. Melchior, der als einziger Ahnung von der ganzen Chose hat, klärt Moritz auf schriftlichem Wege auf, weil dieser sich nicht traut offen darüber unterrichtet zu werden. Im Gegensatz zu Moritz' detailreicher Aufklärung fällt die von Wendla kläglicher aus. Sie kriegt aus ihrer Mutter, der diese Situation offenkundig als einer der unangenehmsten gilt die sie sich nur vorstellen kann, nach fast drei (Reklam)-Seiten geschickter Anspielungen und standfester Überredung heraus, dass man den Mann mit dem man verheiratet ist lieben muss um ein Kind zu kriegen. Ist ja ganz süß und auf eine Art und Weise stimmt es auch, bringt die vierzehnjährige Wendla aber keinen Zoll weiter. Nun geschieht das Schreckliche. In einem Anfall von nicht zu bändigender Lust vergewaltigt Melchior Wendla. Als ihre Mutter ihr eine Weile darauf beichtet, dass sie schwanger ist, sagt sie, dass das gar nicht sein könne, denn sie habe auf der ganzen Welt niemanden geliebt als sie – ihre Mutter. Bei dem Versuch der ratlosen Mutter eine Fehlgeburt zu erzeugen, stirbt ihre Tochter Wendla. Zu allem Überfluss erschießt sich Moritz vor lauter schulischem Druck. Als seine Lehrer die schriftliche Aufklärung Melchiors bei seinen Sachen finden, geben sie ihm die Schuld an Moritz' Suizid. Melchior wird geradewegs in eine Anstalt gesteckt.
Ich wundere mich darüber, dass ich dieses Stück nie in der Schule bearbeiten musste. Es ist deutlich geschrieben und sehr einfach zu interpretieren. Außerdem ist es in der Geschichte sehr umstritten. Die Figuren sind deutlich gezeichnet. Es hat ein bisschen was vom Southpark-Flair im dem Sinne, dass die Jungen die intelligenten sind und die Alten die Dummen. Die Jugendlichen sind vorwiegend intelligent, neugierig, gefühlvoll und aufrichtig. Die Erwachsenen hingegen sind voreingenommen, wichtigtuerisch und egozentrisch.
Zuerst war ich der Meinung das Stück sei veraltet, dass diese Art von Gesellschaft nicht mehr existiere und deshalb auch das Stück nicht mehr aktuell sei. Aber es gibt da draußen noch Millionen von Menschen denen das Thema Sexualität ein Stottern in die Sprache keilt. Oder gar Wutröte ins Gesicht. Besonders in anderen Kulturen und sehr Religiösen Familien ist das Thema ein großes Tabu. Ich frage mich wie solche Familien überhaupt zu Nachwuchs kommen.

Aus dem Grunde an die Eltern da draußen: So unangenehm es euch auch sein mag.. Redet mit euren Kindern! Irgendwann strudeln sie in die Welt hinaus, treffen sich mit Freunden gelangen auf irgendeine Party, verknallen sich in den Braunschopf und wenn sie dann nicht Bescheid wissen über Posaunen und Pauken (Blasen und Bumsen) heißt es: Pech! Aber nicht für euch, sondern für eure (Enkel)Kinder! Und falls es euch hilft, lest vorher Frühlings Erwachen, Wedekind, 2,60€ von Reklam.

Frühlingsfarben.

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