Dienstag, 6. Oktober 2009

Eisenherz

(Whyte) Jedes Mal wenn ich morgens schlaftrunken aus meinem Zimmer in Richtung Leben und Wohnzimmer taumelte, bereit mein Frühstück und meine Lunch-Box ohne Liebe vorzubereiten, wusste ich immer, dass wenn ich nach Hause komme, mein Bruder bereits wach ist und meine Arbeitswelt mit einem lustigen Spruch kommentieren wird. Das war für mich sicher eine tolle Zeit, aber für meinen Bruder wohl eher nicht.

Als er dann mit dem Zivildienst anfing, hatte ich nichts mehr zu tun und kommentierte daraufhin seine Nachmittage. Gleiche Situation, nur anders. Der leichte, wenn auch triste Zivildienst, hatte weder von mir, und schon gar nicht von meinem Bruder, irgendwelche herausfordernde Aufgaben verlangt, daher waren wir eigentlich relativ zufrieden mit allem.
Dann aber kam eine Mauer. Eine ziemlich bekannte sogar: die Arbeitsmauer. Eben auf jene trifft jeder Schüler, wenn er mit der Ausbildung angefangen hat. Manche bekommen eine leichte Arbeit und beschweren sich, manche bekommen viel zu tun und beschweren sich, aber mein Bruder hingegen bekam einen Elefanten an Arbeit zu erledigen, ein Nilpferd an Zeit zu opfern und ein T-Rex an Stress zu bekämpfen. Und das alles nackt im kalten Wasser mit Steinen und Schlamm ausgerüstet. Aber er beschwerte sich, naja, sagen wir, nicht so sehr, wie ich angenommen hatte.

Wenn ich heute aufstehe und mein Zimmer als Zombie verlasse, ist mein Bruder bereits aus dem Haus. Wenn ich zurück komme aber, egal wann, ist er immer noch nicht zu Hause. Ich weiß nicht wie, dennoch geht er immer vor mir aus der Wohnung und erscheint nach mir, brabbelnd, murmelnd und gähnend.

Ich wette, jeder Normalo – inklusive mir – würde durchdrehen bei diesem Wochenrhythmus. Aber der Ausblick auf einen Umschwung und ein besseres Arbeitsklima scheinen diesen Motor auf Stand-By am Leben zu halten.

Hier, genau an dieser Stelle:
„Kleiner Bruder, ich bin stolz auf Dich, dass Du das ganze Ding durchziehst. Nicht mehr lange und Du hast es hinter Dir. Dann werden ruhigere, bessere, angenehmere und vor allem, wohl verdiente Zeiten folgen. Halte noch ein bisschen durch.“

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