Freitag, 5. August 2011

Rassismus

Es ist eine schwierige Sache mit dem Rassismus, da schließe ich mich DeePurpl an. Früher waren es Kriegsgefangene, heute ist es viel mehr eine universelle Ausrede. „Wir [in-der-Nation-geborene, hier:] Deutsche haben keine Arbeit, weil die Ausländer uns die Jobs wegnehmen“, „Wir Deutschen können nicht frei leben, weil die Ausländer die Straßen bevölkern.“, „Die ostanatolischen Dorfbauern bringen schlechte Intelligenz-Gene mit, deswegen wird Deutschland dümmer.“ (kein Scherz, diese Aussage kommt aus dem bestverkauftesten Buch Deutschlands 2010 (und ich werde es nicht verlinken!)).

Unzufriedenheit muss immer auf jemanden oder eine Gruppe projeziert werden, einen Schuldigen, damit angefangen werden kann an dem „Problem“ zu arbeiten. Das macht jeder und es ist auch nicht immer verkehrt. Die Polizei muss immer sofort jemanden verdächtigen, damit die Meute sich beruhigt und Sicherheit austrahlt. Bei einem Haushaltsdefizit müssen vermeintliche Fehler gefunden und dann verarbeitet werden. Auch in diesem Beitrag findet sich das Schema wieder. Nur die Rassisten … machen es ein wenig extremer.

Ich hatte letztens erst wieder NPD-Werbung in meinem Briefkasten und ich meine nicht die Sorte Werbung, in der sie wenigstens für positive Publicity sorgen, indem sie „nur“ schreiben, wieviele Arbeitsplätze sie schaffen wollen (und den Anhang „duch Entlassung aller Nicht-Deutschen“ weglassen), sondern die dreiste Art die sie sich hier aufgrund der Anhängerschaft in der Umgebung leisten können. Und weil mein Nachname auch so schön ausländisch klingt, habe ich gleich zwei bekommen. Jawohl!

„Deutschland den Deutschen“ (müsst ihr lesen, ist echt gut gemacht), ja bitte, gerne, ein Volk soll zur Nation stehen, dann sagt aber auch, was Deutsch ist und was nicht, damit wir wissen, was das eigentlich hier alles soll. Bin ich deutsch, wenn meine Eltern aus dem Irak kommen, wir aber alle einen deutschen Pass haben? Oder hat das eher was mit dem Verhalten zu tun? Wie ist das denn andersrum: Ein in Deutschland geborener BWL-Student, kein anderer Familienteil nicht nicht aus Deutschland, will aber unbedingt nach Frankreich, um dort Le Front National in den Hintern zu treten – ist der deutsch bzw. noch deutsch? Wenn er Kinder bekommt in Frankreich, sind die trotzdem deutsch? Oder erst wieder, wenn sie hier aufwachsen? Wenn ein Nicht-Deutscher die NPD wählt, ist er dann deutsch? Dann gibt es als Dank einen Brief mit den Auslieferungspapieren. Und es geht ellenlang so weiter.

Da fragt man sich: „Glaubt ihr den Mist wirklich, den ihr da von euch gebt?“ Schlimmer als die Tea Party in USA, die Obama lieber öffentlich demütigt, als im Interesse des Landes zu arbeiten. Ich bin so verwirrt, ich weiß gar nicht, ob ich mich angesprochen fühlen soll oder nicht und sind wir mal ehrlich: Wer von uns weiß das schon? Bzw. wissen die das?

Es ist doch so: Das thailändische Essen um die Ecke ist toll, der türkische Obstverkäufer gemütlich zu erreichen, den Tellerwäscherjob möchte niemand übernehmen und die ausgebildeten Inder die hier anfangen zu arbeiten werden sogar gesucht, weil? Ja, weil die gebildeten Abgänger der Universitäten Deutschlands dieses Land verlassen.

Wer kann diese Jobs übernehmen? Viele. Wer _möchte_ diese Jobs übernehmen? Keiner. Da ändern dann auch 500 neue Arbeitsplätze nichts.

Die Extremkonservativen wollen sich und das Land wie damals unter Kohl in einen Kokon hüllen – und etwas, das nicht funktioniert zu bewahren, ist ungefähr so intelligent, wie ein nicht funktionierendes Universitätssystem aus einem anderen Land in das eigene zu holen und zu hoffen, dass es hier klappt. Oh, Moment... Ja richtig, ich sage damit, dass Rassismus einfach dumm ist. Es ist eine Art Hassbewältigung, für einige ist es Sport, für andere eine Religion, der sie blind folgen. (Generell ist der Vergleich mit Religion und Rassismus ziemlich deutlich, aber auch an dieser Stelle möchte ich erwähnen: Vergleichen heißt nicht Gleichsetzen!)), aber nichtsdestotrotz: dumm!

Ich möchte anmerken, das sich mich hier stark auf die Partei NPD begrenze, da sie als öffentliches Gut angreifbar ist. Gegen die Gedanken der Leute kann und will ich nichts sagen, da ich keinem vorschreiben möchte, wie oder was er oder sie zu denken hat. Ich möchte nur darauf aufmerksam machen, dass es dumm ist zu glauben, die Grenzen zwischen schwarz und weiß wären knallhart trennbar. Das Spektrum ist eher das Gegenteil: Ziemlich bunt! Geht nicht von falschen Prämissen aus und glaubt, dass eine Abschiebung von Ausländern eine Verbesserung wäre und ob das nicht einfach ein stark naives, opportunistisches Verhalten ist. Diese fehlerhafte Präsupposition führt eher zu noch mehr Hass, stellt weitere, unaussprechbare Fragen, die dann in noch mehr Wut münden. Folgt nicht jedem Ruf nach Wasser und Wein, denkt kritisch nach.

Schade, dass Deutschland in so etwas immer eine Grauzone bleiben wird, wenn das kritische Denken nie geschieht.

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