Donnerstag, 9. Juli 2009

Call of Juarez: Bound in Blood


(Whyte)Eine Runde wollte ich noch im Salon spielen oder wenigstens im Duell einen Viehbanditen zur Strecke bringen. Wenn keines dieser Aufträge offen war, dann immerhin meine gottverdammte Ruhe in der weiten Prärie genießen, aber nein, das wäre auch zu einfach. Stattdessen bringen diese verkappten Holzfäller meine Mutter um und lassen mir nicht mehr als nur ein Fünkchen Hoffnung und meine Brüder.

Bereits die ersten Minuten von Call of Juarez: Bound in Blood fesseln spannend an den Bildschirm und ein jeder fragt sich: „Habe ich das Zeug zum Cowboy, Schweinebacke?“ Als die beiden McCall-Brüder Ray und Thomas kämpft ihr euch als testosterongeladene Soldaten im Krieg vor, bis ihr später auf euren dritten Verwandten William trefft. Der Arme ist Priester geworden und hofft betend auf himmlischen Beistand für seine Brüder, während diese es munter mit einer ganzen Armee auf sich nehmen.

Nachdem die Mutter der dubiosen Drei stirbt, entscheiden die sich für einen Neuanfang, dafür brauchen sie aber Geld. Und da harte Arbeit und viel Aufopferung nicht gerade die ideale Lösung für die beiden Ältesten ist, entscheiden sie sich den Schatz von Juarez zu bergen. Der allerdings soll verflucht sein, was den schon jetzt geistig stark verwirrten William noch mehr fertig macht. Später kommt, wie sollte es anders sein, eine Frau mit in das Spiel und zack, da ahnen wir jetzt bereits einen Komplott in naher Zukunft. Damit steht das Setting, der Ort, die Zeit und die Ballerei kann beginnen.

Das Gameplay ist irre simpel: Am Anfang jedes Kapitels entscheidet ihr euch für entweder Ray oder Thomas. Beide verfügen über eigene Fähigkeiten und verschiedene Waffen. Ray, der ältere McCall, ist nicht immer der Vernünftigste dafür bewaffnet bis unter die Zähne. Er kann zwei Schießeisen zur gleichen Zeit benutzen, Türe und Tore eintreten und mit Dynamit mehrere Feinde auf einmal ausschalten. Während bei Ray die alte hau-druf-und-renn-weg-Taktik brillant aufgeht, ist Thomas eher der Stealth-Fighter. Mit einem Bogen, einem Präzisionsgewehr, einem Lasso, Messern und einer besseren körperlichen Verfassung ist es möglich mit Thomas aus dem Hinterhalt unentdeckt anzugreifen oder weiter entfernte Stellen zu erreichen. Derjenige, der nicht vom Spieler ausgewählt wurde agiert als ständiger Begleiter und den Rücken deckender Kamerad.

Die Geschichte bringt euch durch allerhand Klischee-Gebiete: Bürgerkrieg in den Südstaaten, eine mit Feinden besetzte Mine, schwindelerregende Höhen, Indianerland, Kanufahren mit Sight-Seeing-And-Shoot-Tour und, natürlich, die Geisterstadt. Na, wenn das nicht einladend ist.
Die grafische Kulisse weiß durchaus sehr zu überzeugen. Jeder dieser Orte sieht authentisch aus und nie kam es mir wirklich vor, als seien Dinge vollkommen unnütz platziert. Kisten, Fässer und Türen bieten nicht stundenlang Schutz, sondern zerbrechen nachdem einige Kugeln das Holz durchlöchert haben. Findet ihr trotzdem etwas, um euch zu verstecken, werden eure Feinde genervt auf euch zu rennen und versuchen mit Dynamit oder anderem Aua euch aus der Reserve zu locken. Komischerweise stirbt euer Partner nie wenn er mal die eine oder andere Kugel fängt und steht, komme was wolle, wie Superman mit Colts im Hagel. Einzig wenn ihr zu schnell vorrennt oder eure Gegner abfangen wollt erscheint eine Meldung, dass ihr nur noch einen Bruder habt. Und wir wissen wie unnütz ein Priester in einem Krieg sein kann. Sollte das passieren, oder, soll es ja auch geben, der Spieler stirbt, so heißt das: Nicht verzagen! Ihr passiert circa alle zehn Minuten Speicherpunkte und müsst somit nie wirklich viel nachholen.

Doch halt, ganz perfekt ist das Spiel dann doch wieder nicht. Obwohl euer Bruder euch immer begleitet und immer an eurer Seite kämpft, ja, da schreit das Spiel doch mehr nach einem Ko-Op-Modus, als Rocky nach Adrian. Dennoch haben sich die Entwickler gegen solch eine Option entschieden. Gänzlich unverständlich. Denn mehr noch als „Resident Evil 5“ bzw. stark „Army of Two“-ähnlich hätte diese Alternative den Wert des Spiels noch um eine Klasse gesteigert. Weiterhin muss ich echt die Spieldauer bemängeln: Fünf Stunden habe ich gebraucht bis ich die Credits sah und ich habe mir schon viel Zeit gelassen. Da war ich dann so richtig im Story-Verlauf drin und dann war es auch schon zu Ende. Aber bis auf sehr kleine grafische Schnitzer und vielleicht mehr Ausdruck in den Gesichtern hat der neue Ableger der McCall-Brüder nicht viel falsch gemacht.

Wenn ihr euch also wirklich auf einen Cowboy-Ritt und ein Dynamit-Feuerwerk eingestellt habt kann euch Call of Juarez: Bound in Blood gar nicht enttäuschen. Vom furiosen Anfang bis hin zum actiongeladenen und überraschenden Ende ist es ein packender Western-Shooter, abseits des Zweiten Weltkrieges (yay!), der euch nervenaufreibend zurück lässt.

Mit diesen Worten, und einem lahmen Ende, lasse ich euch nun zurück, damit ihr gespannter auf meine Rückkehr wartet, als ohnehin schon. Bis dahin reite ich entspannt in den Weiten des Wüstensandes dem Sonnenuntergang entgegen und pfeife, auf einem Strohhalm kauend, ein Lied vor mich hin. Howdy, Partner.

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