Sonntag, 17. Mai 2009

Wheelman

(Whyte) Damals als Zivi durfte ich einen relativ hohen Politiker durch die Gegend schubsen und mir als sozialistischen Gesellschaftskritiker hat sich diese Gelegenheit die Karriereleiter zum „Opportunisten des Tages“ zu erklimmen so auffällig dargeboten, dass ich ohnmächtig zuschlagen musste. Ich hatte nicht vor ihm eine Chance auf eine Antwort, eine einzelne Atempause zum Unterbrechen zu geben, stattdessen wollte ich ihm mein kommunistisches Demokratieprinzip aufzwingen. Als Alternative stand mir noch ein Disput zur Verfügung in dem ich ihm meine Idee unterbewusst in die Rübe hämmere und er am Ende mit einem positiven Fazit vom Krankenhaus, den hiesigen Zivis und einem guten Einfall zur Rettung des Staates geht. Ich hätte dann natürlich ausgesagt, ich hätte ihm bei der Ausarbeitung der Idee geholfen, selbstverständlich.
Also, meine Idee wäre ja eigentlich eher ein kapitalistischer Kommunismus. Ich hätte es mir nämlich so vorgestellt, dass wir nicht mehr in Gehaltsklassen der traditionellen Art unterscheiden würden, nämlich nach Wichtigkeit der Arbeit, worüber heute stark gestritten wird, sondern nach arbeitsfähigem Alter und Marktlage. Bei der aktuellen Situation, wollen zwar einige ihren Traumjob erlernen und ausführen, kann aber nicht, weil er nicht weiß, ob es genug Gehalt gibt um davon zu Leben. Denn, nur als Beispiel, könne man da den Bäcker und den Manager nennen, wo der zu letztgenannte sich damit rühmt Millionen zu verpulvern, aber ansonsten nicht viel zu tun hat, während der Bäcker schon um vier auf der Matte steht um seine kleinen großen Brötchen für ein mickriges Gehalt an dem Mann zu bringen. So hätte der eine zu viel, während der anderen zu wenig hat um glücklich zu sein. Wenn wir jetzt, sagte ich, das Verhältnis ändern könnten und würden, theoretisch angenommen, jeden im gleichem Alter das gleiche Geld geben, so könnte jeder doch den Beruf ausüben, der er sich erträumt habe. Das höre sich doch eigentlich sehr schön an. Doch, ich habe ebenfalls an die Ewigfaule und Nimmersätter gedacht. Natürlich gäbe es einen moralischen Konflikt zwischen zwei Menschen im gleichen Beruf, wenn der eine als Alkoholiker zur Arbeit erscheint, während der andere fleißig seine Aufgaben erfüllt. Und hier greife nun der Teilkapitalismus. Da bekommt dann natürlich der, der mehr macht, auch mehr. Dem Ganzen gehe aber ein recht hohes Vertrauen in die Bevölkerung und ihre Rationalität wie Subjektivität voraus. Ich gehe davon aus, dass es in den ersten Jahren zu Tumulten kommen würde, da diese revolutionäre Politik dem Volk zu weit voraus ist, aber ich wäre mir ganz sicher, dass sich das Vertrauen auszahlen würde und wir als einheitliches Land weitere komplexe und komplizierte Zusammenbrüche irgendwelcher Systeme prophylaktisch vorbeugen könnten.
Als wir dann bei den Untersuchungsräumen ankamen, war ich fertig mit meiner Präsentation, doch dem etwas sehr alt wirkenden Mann entwich kein Ton. Als ich ihn abstellte, sah er mich an und - und lachte. Er lachte nur. Nicht laut, nicht leise, nicht sanft und auch nicht hämisch. Ich wollte mich verabschieden, aber er lachte weiter. Verwirrter seniler Mann, dacht ich mir, er muss sich an etwas sehr lustiges erinnern. Ich wollte ihn mit seinen mich mit meinen Gedanken in Ruhe lassen, also ging ich weg und verabschiedete mich von ihm mit einem „Vergessen sie mich nicht“. Ich würde nur zu gerne wissen, an was er gedacht hat.

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