Freitag, 27. März 2009

Media und Niveau

(Whyte) Es ist Wochenende, endlich. Man legt sich gemütlich auf die Couch, rutscht hin und her und arbeitet sich so lange voran, bis man in der Couch sitzt. Dann noch abwägen, ob das fehlende Teil des Essens, wie z.B. der Salzstreuer, ignoriert werden kann und ab kann eine unterhaltsame Fernsehsession zum Abklang einer stressigen Woche gehen. Wenn, ja wenn da nicht die Wahl der Sendungen wäre, die uns da zur Verfügung stehen. Knallharte Recherchen auf dem Ersten, komische Sendungen auf dem Zweiten, amerikanische Kopien auf dem nächsten Sender, C-Promis die sich zum Affen machen eins weiter, irgendwo kommen diese fesselnden, aber auch sinnlosen Tierdokumentationen und dann bleiben noch Assimenschen, Castingshows, Magieauftritte und irgendwelche Preisverleihungen übrig. Da ist jetzt keine so große Auswahl an Möglichkeiten um die Flimmerkiste als wirklich effektive Bildungsmöglichkeit zu nutzen. Und darüber meckern heutzutage, spätestens seit Reich-Ranickis Auftritt, alle rum. Alle nörgeln, kritisieren und springen mit auf den Zug der Vitaristen (sag ich jetzt mal einfach so; von dem lateinischen Wort vitare). Alle, nur die Privaten nicht. Die senden munter weiter, denn irgendwer von diesen Vitaristen ist ein Maulwurf und guckt es dennoch. Und das ist nachvollziehbar. Bevor man etwas kritisiert, muss man es kennen. Also sitzt, oder liegt, der Zuschauer auf der Couch und sucht die ganzen Zeit während er die Show sieht nebenbei das Niveau, welches scheinbar sich klammheimlich aus dem Staub gemacht hat – und dabei merkt der Konsument gar nicht, dass er jetzt selber die Geldmaschine der Sender bezahlt. Ein Teufelskreis. Also guckt er nicht mehr weiter und kritisiert einfach, in der Hoffnung, dass sich das Niveau im Fernsehen überall gleicht. Soweit kann man alles mit verfolgen, allerdings finde ich, muss man jetzt doch mal resümieren: Die Sender geben dem Zuschauer, nur das, was verlangt wird. Sender/Empfänger-Prinzip, An- und Nachfrage. Und dabei merken alle, dass man mit weniger Niveau, mindestens genauso viel holen kann, wie mit (mehr). „Warum investieren die Sender nicht einfach ein wenig mehr Kohle und versuchen wenigstens im Ansatz zu bilden?“, wäre eine hier angebrachte Frage, aber es wäre die Falsche. Die Richtige wäre: „Warum gucken wir denn überhaupt diese Sendungen?“

Nach einem langen Denkprozess, welches viele Nachos und Sport beinhaltete, kam ich auf die, für mich, einzig richtige Lösung: „Das Fernsehen ist anstrengender geworden.“ Das ist mein voller ernst. Es ist wie tägliche, aber einfache Arbeit mit guter Bezahlung. Am Anfang ist man Feuer und Flamme, probiert alles aus, versucht viel, freut sich über das Gehalt und arbeitet emsig. Aber je länger man das macht, desto eher kommt irgendwann der Punkt, an dem man nicht mehr so viel arbeiten möchte. Dann beginnt ein kleines Jammern, dann nörgelt man rum, bis man schließlich weniger arbeiten möchte. Da gleicht jeder freie Tag Urlaub. Und wenn man sich dann die restliche Dauer vor Augen hält, geht’s einem auch nicht viel besser. Und so hat sich auch das Fernsehen entwickelt, ging in gleicher Reihenfolge weiter und wir sind jetzt an dem Punkt angelangt, an dem, anders als bei der Arbeit, viele „weniger“ fordern. Und die Sender geben, was verlangt wird. Schätzungen zufolge kommt auf 50 Personen, einer der „mehr“ möchte. (Dass sehe ich anders. Nach meinen Schätzungen kommt auf 100 Personen gerade mal einer, der überhaupt denkt.) Demnach ist es, wirtschaftlich jedenfalls falsch, den Programmen die Schuld an einer Massenverdummung zu geben. Moralisch ist es natürlich unter aller Sau. Einerseits weil sie uns Menschen es gestatten, wie eine zu weiche Mutter, die uns Schokolade und Gummibärchen vor dem Essen erlaubt, nur weil wir sonst quängeln würden, andererseits weil sie uns auch irgendwie in diese Richtung drücken.

Die Atombombe für das Wohnzimmer war am Anfang ne gute Idee um eine mögliche Alternative zum Lesen zu gewährleisten, drehte sich dann aber komplett dagegen. Ich bin der Meinung, dass es als Unterhaltungsmedium gut geeignet ist, aber zum Bilden komplett am Thema vorbeischrammt. Zum einen, weil wirklich wenig Menschen effiziente visuelle Lerner sind, zum anderen, weil es wie ein Bohrer wirkt, der die Informationen mit roher Gewalt in das Gehirn drücken will. Jeder der kritisiert, dass die Programme unser Denkvermögen degenerieren, der weint im Grunde nur dem theoretischen Potenzial hinterher, dass eben jenes besaß. Aber, selbst wenn wir uns anders entwickelt hätte und es Bildungs-TV geben würde, würden dann nicht alle gebildeteren Leute dennoch ein gutes Buch oder eine Stunde Nachhilfe empfehlen? Dann würde man der Tatsache hinter her rennen, dass das Fernsehen zu sehr versucht die Schule zu ersetzen und so eigenständiges und unabhängiges Denken verhindert. Es würde immer noch nicht aufgehen. Von daher: Lasst das Fernsehen Fernsehen sein, versucht eure Freunde zu überreden und tut lieber etwas Sinnvolles in der Zeit, als eure Zeit mit Meckern aber ohne Handeln zu verbringen.

Außerdem: Jeder, der sich für ein wenig gebildeter als der Durchschnittsbürger hält, würde doch für wirklich gute Unterhaltung oder Bildung eher zum Buch, als zur Fernbedienung greifen.


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