Dienstag, 2. Juni 2009

Recht? Link?



„Mein Junge, komm nicht vom rechten Weg ab!“

In guten Filmen wird an dieser Stelle die Frage gestellt: „Woran erkenne ich den?“ Und da ist der Lehrling der Weise, denn wer der Meinung ist auf die Frage eine Antwort zu haben, muss ein verdammt guter Rätzelknacker sein. Der würde wahrscheinlich auch „Wie macht man eine normale Wachskerze aus, wenn nicht einmal unter Wasser halten funktioniert?“ ohne weiteres lösen. Mir käme es als Antwort auf jeden Fall unmöglich vor dieser Frage gerecht zu werden.

Was ist richtig und was ist falsch? Bei moralischen Fragwürdigkeiten wie Atomkraft, Genmanipulation und Marihuana, oder kleineren Sachen wie die Entscheidung zwischen gebleichtem und Recyclingpapier sind verschieden Ansichten ja schon ein bekannter Streitpunkt, aber wie sieht es mit Sachen aus die man als ganz selbstverständlich erachtet? Gibt es vielleicht sogar Themen die man als so selbstverständlich erachtet, dass man sich darüber noch nie Gedanken gemacht hat, und deshalb nicht einmal seiner eigenen Meinung ist?

Ich will mal zwei der unumstößlichsten, bekanntesten, ältesten Grundsätze ansprechen die existieren: Die zehn Gebote. V DU SOLLST NICHT MORDEN! Eindeutige Sache! Oder? Was ist denn wenn ich die Möglichkeit habe jemanden umzubringen, der nur dadurch davon abgehalten werden kann zwei andere zu töten? VII DU SOLLST NICHT STEHLEN! Es ist schlecht anderen ihr Hab zu nehmen! Aber waren wir nicht alle von Robin Hood begeistert? Zeigen wir nicht genau das unseren Kindern? Von den Korrupten nehmen und den dürftigen geben. Das ist doch nur gerecht, oder nicht? Gerecht? Geunrecht?

Wir wissen, dass es da draußen Menschen gibt die diese andere, böse Meinung haben, aber wir denken von den Menschen um uns herum automatisch, dass sie so ticken wie wir. Fragen sie doch mal ihre Liebsten... Würdest du lügen um jemanden nicht zu verletzen, oder ist dir die Wahrheit heilig? Würdest du vielleicht sogar lieber angelogen werden als eine schmerzhafte Wahrheit offenbart zu bekommen? Ist es betrug wenn der One-Night-Stand genau auf einen der zwei Tage fällt für die man in der Hitze des Gefechts mal wieder Schluss gemacht hat? Sollte man seine Kinder zu Tätigkeiten zwingen die sich später mal positiv bemerkbar machen, oder haben auch schon vierjährige das Recht auf Entscheidungsfreiheit?

Wenn man mal genau darüber nachdenkt ist das doch genau der Unterschied, der einen schlechten Menschen ausmacht!? Ich möchte meinen, dass ein gewisser Herr Bin Laden felsenfest davon überzeugt ist, auf dem rechten Weg zu sein. Sogar der ehemals mächtigste Busch der Welt wurde nicht nur in allen anderen Ländern der Welt, sondern sogar in seinem eigenen Reich von vielen Menschen verachtet. Auch Rassismus existiert noch in seinen etlichen Variationen und deren Stufen und noch immer haben alle Recht und alle anderen sind die Dummen.

Aber so einfach ist es um recht und unrecht leider nicht immer bestellt. In vielem sind recht und unrecht enthalten. Ein gutes Beispiel hierzu sind die meisten gesellschaftlichen und politischen Systeme. Betrachten wir einmal den Kommunismus: Der Gedanke, dass alle Menschen gleich sind und keiner mehr wert als ein anderer wird auch von Befürwortern des Kapitalismus als recht und nicht als rechts empfunden. Einer für alle und alle für einen! Was ist Kommunismus anderes als das friedliche, freundliche, freudige zusammenleben einer riesigen Familie, in einem Land in dem alles jedem gehört? Niemand ist auf die Arbeit des anderen neidisch denn Ärzte und Straßenfeger verdienen nahezu das selbe. Aber ist das denn fair? Ein Mensch schuftet sein Leben lang um nach jahrelangem Stress und Aufopferung seiner Jugend die Kompetenzen die man als Arzt braucht zu haben und dann verdient er kaum mehr als sein Nachbar, der die letzten fünf Jahre seine Gehirnzellen mit Alkohol bekämpft hat, weil es solchen Spaß macht zu grölen und jetzt als Chauffeur für Pizze arbeitet. Das könnte im Kapitalismus niemals passieren! Hier hat jeder schön sein Hab und auch sein Gut und wenn er sich geschickt anstellt und hart arbeitet, kann er Milliarden machen. Leider kann man hier auch bei noch so viel Anstrengung in den Massen der sich anstrengenden Menschen, die vielleicht, oder sogar wahrscheinlich Vorteile wie gutes Aussehen und einen Überschuss an Vitamin B haben, untergehen.

Recht und Unrecht unterscheiden sich auch nicht nur von Nachbar zu Nachbar, sonder auch von Kultur zu Kultur und auch innerhalb einer Kultur wandeln sich die Auffassungen mit der Zeit. In manchen Kulturen, gilt es als Besonderheit die Haare einer Frau zu sehen, in anderen Laufen die Menschen den ganzen Tag über fast nackt in der Gegend herum. Es ist erstaunlich wie viele Länder noch immer mit dem Tod strafen dürfen. Man braucht nur nach Asien, oder Afrika zu reisen und man stellt fest, dass das was wir für selbstverständlich erachten, gar nicht so selbstverständlich ist. Im Mittelalter hatten Landesherren das Recht der Prima Nocta. Wenn ein Bauer sich eine Frau nahm, durfte der Landesherr sie entjungfern. Das ist heutzutage so unvorstellbar, dass es unglaubwürdig klingt. Die Scheidungsrate steigt seit über 100 Jahren, Jugendliche haben immer früher zu ersten Mal Sex. Was erwartet uns in der Zukunft? Darf der Normalsterbliche irgendwann keine Kinder mehr zeugen, sondern nur noch die Elite? Gibt es irgendwann Sex-Orgien in der U-Bahn? Klingt zwar heute noch unglaubwürdig, aber...


Yin – Yang, schwarz – weiß, böse – gut.. was tun?

Nach meiner Meinung muss man sich genau dieses Problems bewusst werden. Um mit Recht und Meinung umgehen zu können muss man im Hinterkopf behalten, dass niemand, auch man selbst nicht, die ultimative Meinung hat und, dass mein Recht vielleicht dein Unrecht ist. Vielleicht reicht ja schon der Gedanke, um ein bisschen fairer zu sein. Und wenn wir uns die Zeit nehmen darüber nachzudenken welcher Meinung wir wirklich sind bevor wir es in die Welt heraustragen, wartet ein gerechteres Miteinander auf uns. Davon bin ich überzeugt.


Post Scriptum: Die einzige hinnehmbare Antwort die mir für den Lehrling einfällt wäre: „Das musst du selbst herausfinden, mein junger Padawan!

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